Wenn du diese Zeilen zur Frühlingszeit liest, verspürst du vielleicht den Drang ein wenig frische Luft im Stedter Wald zu tanken und dir im entspannten Spazierschritt eine Pause vom hastigen Laufschritt des Alltags zu nehmen.
Doch könntest du dir auch vorstellen über Nacht zu bleiben und dich von dem Anblick des Sternenhimmels verzaubern zu lassen?
Wir Sturmfalken von den Heliand-Pfadfindern sind der Spur des Gedichts für drei Tage in die Kälte des Odenwalds gefolgt und haben die Zeilen für uns Lebendig werden lassen.
Bald wankten unsere Rucksäcke mit dem nötigsten bepackt die steilen Pfade des Nibelungensteigs empor. Mit dem Erklimmen der ersten Berge klangen auch unsere Lieder: „Eisiger Wind weh mir durch die Haare, flieg meine Seele wie der Wind!“ in die von Wäldern besäumten Täler des Mittelgebirges. Die erste Nacht meisterten wir am Fuß des Felsenmeers unter sternenklarem Himmel. Am nächsten Morgen ging es weiter Richtung Osten, wo bald schon der Nebel unsere Spuren verschluckte. Den Schneeflocken trotzend bezwangen wir die Dunkelheit mit den Flammen unseres Feuers und die Kälte mit hitzigen Diskussionen, genährt von starken Gedanken abseits von Uni und Schule.
Die Sonnenstrahlen des Morgengrauens verbannten den Nebel der Nacht. Wir verstauten unsere sieben Sachen in den fünf Rucksäcken und begrüßten den Morgen mit klangvollen Melodien. Rehe und andere Waldbewohner hatten uns neue Pfade in den Schnee gedrückt, die uns nach Lindenfels, der Stadt der Drachen führen sollten. Gegen Mittag erreichten wir die auf dem Hang über dem Städtchen thronende Burgruine, in dessen Gemäuern gewiss mehr Abenteuer steckten, als wir es uns hätten erträumen können. Doch wir inszenierten unser eigenes Abenteuer: die Schneeballschlacht des Jahrzehnts, die den alten Steinen neues Leben einhauchte und uns einen gebührenden Abschluss der vergangenen Tage bescherte.
Die letzten zwei Tage stießen wir zu weiteren Pfadfindern in Bad Vilbel hinzu, um uns auszutauschen, Spiele zu spielen und die Klänge unserer Stimmen ein letztes Mal, mit denen der Gitarre verschmelzen zu lassen. Noah legte sein Versprechen: „Ich will meiner Pfadfinderrunde ein guter Kamerad sein.“ als Zeichen dafür, dass er von nun an fester Teil unserer Gruppe sein will, ab. Die letzten Stunden verstrichen und wir drückten unsere von Erlebnissen angereicherten Herzen zum Abschied freundschaftlich umarmend aneinander.
So trennten sich unsere Wege mit der Gewissheit, dass es nicht lange dauern würde, dass unser Fernweh sie bald wieder zusammenführen würde.